Position zur Leiharbeit in der Eingliederungshilfe
Anfang des Jahres forderte der Bundesrat auf Antrag Bayerns in einer Entschließung die Bundesregierung auf, den Einsatz von Leiharbeit in der Pflege im Krankenhaus sowie in den stationären und ambulanten Einrichtungen der Langzeitpflege wirksam zu begrenzen und die Arbeitsbedingungen der Stammbelegschaften zu verbessern. Der CBP richtete daraufhin im Rahmen eines Fachtags den Blick auf das Personalmanagement und auf den Einsatz von Springerpools in der Eingliederungshilfe. Das Ergebnis: Springerpools können eine Lösung sein, aber sie sind auch nicht die Lösung und vor allem nicht für alle umsetzbar.
Position des CBP zur Leiharbeit in der Eingliederungshilfe
Im Rahmen des letzten CBP-Arbeitskreises "Personalstrategie" und in Abstimmung mit dem CBP-Vorstand ist nun eine Positionierung verabschiedet worden. Wir würden uns freuen, wenn Sie sich bezüglich der Leiharbeit in der Eingliederungshilfe auch auf Kommunal- und Landesebene positionieren.
Der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e. V. (CBP) sieht Leiharbeit in der Eingliederungshilfe nicht als langfristige strategische Lösung, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, weil:
- für Menschen mit Beeinträchtigung ein stetiger Wechsel bei der Erbringung von personenbezogen Assistenz- und Teilhabeleistungen im Kontext der Zielerreichung nicht förderlich ist.
- der soziale Frieden unter den Mitarbeitenden und die Homogenität in den multiprofessionellen Teams nachhaltig gestört wird.
- das betriebswirtschaftliche Auskommen von Leistungserbringern durch eine nicht gesicherte Refinanzierungsstruktur der Kosten für Leiharbeit in der Eingliederungshilfe gefährdet wird.
Vor dem Hintergrund des Personal- und Fachkräftemangels in der Eingliederungshilfe wäre es daher zielführend:
- die gestiegenen Kosten für Maßnahmen des Personalrecruitings, sowohl im Bereich der personellen Ressourcen als auch der Sachkosten, in der Refinanzierung der Personalkosten zu berücksichtigen,
- die Kosten für zusätzliche Fachkräfte in konzeptionell verorteten Springerpools, sowie deren Vergütungen - sofern diese über tarifvertraglich vereinbarte Vergütungen hinausgeht - in eine gesicherte Refinanzierungsstruktur einzubinden, um temporäre Personalengpässe abdecken zu können.
Aus diesem Grunde fordert der CBP, bei anstehenden Anpassungen des Gesetzes bezüglich der Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG) im Bereich der Pflege auch die Bedarfe der Eingliederungshilfe entsprechend mit zu berücksichtigen sowie eine dem § 82c SGB XI vergleichbare Regelung auch für die Eingliederungshilfe nach SGB IX zu treffen.
Kleine Anfrage zum Verdienst von Leiharbeitnehmer:innen
Im Fokus einer kleinen Anfrage der Gruppe der Linken stand im September 2024 die Situation der Leiharbeit in Deutschland und diesbezüglich besonders die Anzahl der Leiharbeitnehmer:innen und der Verleihunternehmen sowie die Beschäftigungsdauer und der Verdienst von Leiharbeitskräften.
Aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage geht hervor:
- dass es im Jahr 2023 bei den 10,29 Millionen begonnenen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen Befristung gegeben habe - darunter rund 921.000 von Leiharbeitnehmern und Leiharbeitnehmerinnen. Der Befristungsanteil der begonnenen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse habe bei den Leiharbeitnehmer:innen bei rund 41 Prozent gelegen.
- Das Bruttomonatsentgelt der Leiharbeitnehmer:innen lag den Angaben zufolge bei rund 2.400 Euro. Das seien rund 1.400 Euro weniger als der Median aller sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten. Aber stimmt das auch in den Bereichen der Eingliederungshilfe und Pflege, in welchen Leiharbeitnehmer:innen beschäftigt werden?
Aus der Drucksache 20/13033 Tabelle 7 geht hervor, dass der Anteil der Leiharbeitnehmer:innen von 2019 bis 2023 im Bereich der:
- medizinischen Gesundheitsberufe um 23 % zugenommen hat.
- nichtmedizinischen Gesundheits- und Körperpflege- und Wellnessberufe um 38,4 % zugenommen hat.
- Erziehung, soziale und hauswirtschaftliche Berufe, Theologie um 14,7 % abgenommen hat.
Die ersten beiden Bereiche, medizinische Gesundheitsberufe als auch nichtmedizinische Gesundheits- und Körperpflege- und Wellnessberufe, betreffen auch die Eingliederungshilfe.
Den Blick auf das Tabellenblatt 8 und dort auf den Median des Bruttomonatentgelts von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und von Leiharbeitnehmer:innen gerichtet, zeigt:
- bei medizinischen Gesundheitsberufe war der Median des Bruttomonatentgelts von Leiharbeitnehmer:innen um 578 € höher. Leiharbeitnehmer:innen unter 25 Jahre erhalten in dem Bereich gar gegenüber den sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten gleichen Alters im Median 790 € mehr.
Ausländische Leiharbeitnehmer:innen erhalten in dem Bereich gegenüber den sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten im Median nur 518 € mehr. - nichtmedizinische Gesundheits- und Körperpflege- und Wellnessberufe war der Median des Bruttomonatentgelts von Leiharbeitnehmer:innen um 482 € höher.
- Erziehung, soziale und hauswirtschaftliche Berufe, Theologie war der Median des Bruttomonatentgelts von Leiharbeitnehmer:innen um 743 € geringer.
In den Bereichen der Gesundheitsberufe ebenso wie in dem Bereich nichtmedizinische Gesundheits- und Körperpflege- und Wellnessberufe liegt das Bruttomonatsentgelt der Leiharbeitnehmer:innen im Median demnach höher als bei sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten.
Mit dem Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG) § 1b wurden Einschränkungen im Baugewerbe bezüglich der Arbeitnehmerüberlassung / Leiharbeit reglementiert. In den Bereichen Hoch- und Tiefbauberufe ebenso wie bei den (Innen-)und Ausbauberufen ist der Anteil der Leiharbeitnehmer:innen gegenüber sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in dem Zeitraum von 2019 bis 2023 deutlich zurückgegangen - zwischen 25 bis 30 %. Ob der Rückgang alleinig mit der Einführung der Einschränkung im Kontext des AÜG einhergeht oder aber ob es auch mit dem Einbruch in der Baubranche zu tun hat, ist genauer zu beleuchten. Die Wahrheit liegt möglicherweise dazwischen.