Das sind die Kernaussagen des Vortrages "Sozialpolitische Konfliktlinien -
Wohnraummangel in Deutschland" von Matthias Günther vom Pestel Institut in der
Fachtagung "Wohnen ist Teilhabe" der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e.V. (CBP),
die am 22./23. Oktober in Berlin stattfand. Vor einem ausgewählten Fachpublikum auf der
CBP-Fachtagung in Berlin erläuterte Günther die Gründe für den stagnierendem
Wohnungsbau und die Entstehung des bundesweiten Defizites von 550.000 Wohnungen.
Menschen mit Behinderung sind von dieser Situation besonders betroffen.
Wenn beispielsweise, wie gegenwärtig z. B. in Niedersachsen geplant, die
Einkommensgrenzen zum Bezug einer Sozialwohnung angehoben werden, dann erweitert
dies den Kreis der Berechtigten, ohne dass mehr Sozialwohnungen verfügbar sind. Die
primären Zielgruppen, Menschen mit sehr niedrigem Einkommen oder auch Menschen mit
Behinderung haben dann noch größere Zugangsschwierigkeiten zu einer Wohnung, weil die
Vermieter tendenziell Haushalte ohne Einschränkungen, die knapp unter der
Einkommensgrenze liegen, bevorzugen. Daher ist bei den geschaffenen Sozialwohnungen
dringend eine zumindest temporäre Quotierung zugunsten von Menschen mit Behinderung
erforderlich:
"Wir stecken mitten in Verteilungskämpfen - auch beim Zugang zum Wohnraum, die sich
nicht von allein lösen werden: Die Sozialpolitik ist stärker gefordert als in Zeiten, wo es "nur"
um die Verteilung von Zuwächsen ging. Ohne eine von der überwiegenden Mehrheit der
Bevölkerung als "gerecht" empfundenen Verteilungspolitik ist auch die Demokratie gefährdet.
Dafür brauchen wir eine klare Kommunikation von Zielen und Maßnahmen", resümiert
Matthias Günther.
Zusammen mit weiteren Fachexperten und Referenten wurde die aktuelle
Wohnraumsituation mit Auswirkungen auf Menschen mit Behinderung analysiert. Ihre
Vorträge verdeutlichten die Herausforderungen für die sozialen Träger, die Wohnraum für
Menschen mit Behinderung schaffen wollen, um dem bestehenden Defizit jetzt
entgegenzuwirken. Gemeinsam mit der Bauwirtschaft und der Politik tauschten sie sich über
Strategien für die Schaffung von Wohnraum für Menschen mit Behinderung im Sinne einer
inklusiven Gesellschaft aus.
"Der CBP fordert die geplanten Mittel für den sozialen Wohnungsbau von 2026/2027
unmittelbar einzusetzen. Insgesamt 13 Mrd. Euro jährlich müssen für den sozialen
Wohnungsneubau mit einer festen Quote von 10 % für Menschen mit Behinderung und
barrierearmen Wohnraum zur Verfügung gestellt werden, da jetzt der Wohnungsbau am
Boden liegt", fordert Andreas Riess, CBP-Vorstand und Gastgeber der Fachtagung.
Der CBP setzt sich für Sonderbudgets "Sozialer Wohnungsbau" für Regionen mit besonders
hohen Bedarfen ein, da althergebrachte Verteilungssysteme bei der Beseitigung der
Wohnungsnot nicht greifen.
"Die Bundesregierung war schon seit Beginn der Legislaturperiode nicht gewillt, für das
ausgerufene Ziel von 400.000 neuen Sozialwohnungen auch die notwendigen Bund- und
Ländermittel von 50 Mrd. Euro zur Verfügung zu stellen. Sozialer Wohnungsbau ist aber eine
Aufgabe, die dauerhaft, über Legislaturperioden hinweg abgesichert werden muss und den
sozialen Frieden sichert", so Dr. Gertrud Hanslmeier-Prockl, stellvertretende Vorsitzende des
CBP.