Corona-Krise bietet neue Chance durch Homeoffice-Trend für bezahlbares Wohnen
Am 5. Februar stellte das Verbändebündnis "Soziales Wohnen", in dem sich der CBP mit dem Deutschen Mieterbund (DMB), der IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), dem Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) und dem Deutschen Baustoff-Fachhandel (BDB) zusammengeschlossen haben, seinen "Akutplan 2025 für soziales und bezahlbares Wohnen" vor.
Aktuell fehlen bundesweit 670.000 Wohneinheiten, fast ausschließlich Wohnungen mit bezahlbarer Miete und Sozialwohnungen. Steigende Mieten und Kaufpreise führten zu einem Wohnungsmarkt, von dem Haushalte mit unteren und auch mittleren Einkommen mehr und mehr abgehängt würden. Viele - darunter auch Menschen mit Behinderung - haben längt kaum noch Chancen auf dem Wohnungsmarkt Fuß zu fassen.
Aus der Kurzstudie und dem Kurzgutachten, die im Auftrag des Verbändebündnisses erstellt wurden, ist der Akutplan mit seinen Forderungen erarbeitet worden:
Es soll bis 2030 mindestens 2 Millionen Sozialmietwohnungen zusätzlich geben. Zum einen durch den Neubau von 80.000 Sozialwohnungen pro Jahr. Hierfür sollen Bund und Länder mindestens 4,8 Milliarden Euro an Fördermitteln bereitstellen. Darüber hinaus müssten für 1,5 Milliarden Euro noch einmal 75.000 Sozialwohnungen pro Jahr durch Modernisierungsförderungen und durch den Ankauf von Belegrechten geschaffen werden. Um den Neubau von 60.000 bezahlbaren Wohnungen in Ballungsräumen und Wachstumsregionen zu erreichen, sei ein Förderetat von mehr als 3 Milliarden Euro erforderlich. Ebenso sei es aus der Praxis heraus notwendig, die Abschreibung anzuheben und damit einen wirkungsvollen Steueranreiz zu setzen: Die lineare AfA müsse von derzeit 2 auf 3 Prozent steigen. Beides - den bezahlbaren und den sozialen Wohnungsbau - müssten Kommunen zudem offensiv mit der Bereitstellung von preisgünstigem Bauland unterstützen: 300 Euro pro Quadratmeter - das sei dabei "obere Kaufpreis-Schmerzgrenze".
Zu wenig barrierefreier Wohnraum
Ein weiteres Ziel ist es, jede zehnte Sozialwohnung künftig barrierefrei zu machen. Zudem soll sozialer und bezahlbarer Wohnraum gezielter als bisher Menschen mit Behinderung angeboten werden. Ebenso Menschen, die bislang schlechte Chancen haben, auf dem Wohnungsmarkt Fuß zu fassen. Um dies zu garantieren, sollen Städte und Gemeinden "Wohn-Härtefallkommissionen" einrichten. Diese, so fordert das Bündnis, müssten dann über ein 10-Prozent-Kontingent aller Sozialwohnungen frei verfügen können, die vor Ort zu vergeben sind.
Mit Blick auf barrierearme Wohnungen spricht das Verbändebündnis "Soziales Wohnen" von einem Dilemma: Lediglich rund eine Million Wohnungen seien bundesweit barrierearm. "Gleichzeitig leben in Deutschland aber acht Millionen Menschen mit Behinderungen, davon mehr als die Hälfte Senioren. Bis 2030 wird die Zahl der Senioren um mehr als 3,5 Millionen wachsen. Und auch ein Großteil dieser Senioren wird für ein selbstbestimmtes Wohnen auf eine barrierearme oder sogar barrierefreie Wohnung angewiesen sein. Ansonsten zwingen Rollator oder Rollstuhl sie am Ende dazu, ihre Wohnung kaum oder nicht mehr verlassen zu können", sagt Matthias Günther vom Pestel-Institut. Diese Zahlen machten deutlich, wie unvorbereitet Deutschland auf die enorm große Bevölkerungsgruppe der Menschen, die mit einer Mobilitätseinschränkung leben müssen, sei. "Die Wohnungsbaupolitik hat sich davon quasi verabschiedet, diesen Menschen ein selbstbestimmtes Wohnen zu ermöglichen. Denn pro Jahr wird gerade einmal der barrierefreie oder barrierearme Umbau von 70.000 Wohnungen staatlich gefördert. Das ist eine Farce. Notwendig wäre vielmehr der altersgerechte und staatlich geförderte Umbau von 200.000 Wohnungen pro Jahr. Bis 2030 muss es gelingen, die Zahl der barrierearmen Wohnungen im Gebäudebestand auf mindestens 3 Millionen zu steigern.
Eigene Wohnung bleibt für Menschen mit Behinderung ein Traum
Diese Forderung unterstreicht Janina Bessenich, Geschäftsführerin des CBP deutlich: "Wie alle Menschen möchten auch Menschen mit Behinderung selbst über ihre Wohnsituation entscheiden können. Art. 19 der UN-Behindertenrechtskonvention, die seit 2009 in Deutschlang gilt, bestimmt das Recht auf selbstbestimmtes Wohnen. Menschen mit Behinderung müssen die Möglichkeit haben, zu entscheiden, wo und mit wem sie leben. Durch den Mangel an barrierefreiem und bezahlbarem Wohnraum können Menschen mit Behinderung dieses Recht jedoch nicht wahrnehmen, sie sind vom Wohnungsmarkt fast ausgeschlossen. Eine Chancengleichheit besteht längst nicht und sie haben das Nachsehen gegenüber anderen Gruppen, die am Markt um Sozialwohnungen mit ihnen konkurrieren. Der Aufbau einer selbständigen Existenz in der eigenen Wohnung bleibt für viele Menschen mit Behinderung daher ein Traum. Der Zugang zu kommunalen Grundstücken muss für Träger von Sozialunternehmen wie der Caritas hergestellt werden, um für die hohe Nachfrage ausreichend Angebote zum Wohnen für Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung zu schaffen."